„Bald ein gefährlicher Ort“

Angst vor den Folgen eines möglichen israelischen Angriffs auf Iran: Die USA ziehen Botschaftspersonal aus dem Nahen Osten ab.

Limassol/Bagdad von Michael Wrase

Aus nicht näher bezeichneten „Sicherheitsgründen“ haben die USA damit begonnen, ihr Botschaftspersonal im Irak zu reduzieren. Zudem sollen auch Familienmitglieder von US-Soldaten auf Militärstützpunkten in Katar, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten zeitnah nach Hause fliegen. Die genannten Staaten könnten nach den Worten von Donald Trump „schon bald ein gefährlicher Ort sein“. Präziser äusserte sich der amerikanische Präsident nicht.

In den USA ist es jedoch ein offenes Geheimnis, dass die Trump-Administration sich vor den Folgen israelischer Luftangriffe auf Atomanlagen im Iran fürchtet. Die USA müssten in diesem Fall mit iranischen Vergeltungsschlägen auf ihre Militärstützpunkte im Irak sowie am arabischen Ufer des Persischen Golf rechnen. „Die Verluste der Gegenseite werden dann mit Sicherheit weitaus höher sein als unsere“, hatte der iranische Verteidigungsminister Asis Nasirsadeh am Mittwoch gedroht.

Noch kann eine erneute Gewalteskalation in der Golfregion allerdings abgewendet werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür wären Erfolge bei den Atomgesprächen zwischen Iran und den USA, die am kommenden Sonntag in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, fortgesetzt werden sollen.

Damit die Verhandlungen nicht schon vor ihrem Beginn scheitern, hatte Trump den israelischen Premierminister Netanjahu am Montag in einem 40minütigen Telefongespräch eindringlich vor Angriffen auf Iran gewarnt. Obwohl die Iraner „hartnäckige“ Gesprächspartner seien, sehe seine Administration weiterhin „eine Chance für ein Atomabkommen“, sagte Trump. Man werde daher abwarten, was die Gespräche zwischen US-Sonderbotschafter Steve Witkoff und dem iranischen Ausssenminister Abbas Araghchi am Sonntag bringen würden, erklärten US-Beamte dem amerikanischen Nachrichtmagazin Axios.

Der wohl entscheidende Knackpunkt bei den Verhandlungen eines Abkommens, das die Entwicklung von iranischen Atomwaffen verhindert, ist die Anreicherung von Uran durch Teheran. Diese werde man „niemals zulassen“, hatte US-Präsident Donald Trump in seinem Onlinenetzwerk „Truth Social“ klargestellt – und damit Berichte des Fernsehsenders CNN dementiert, wonach ein neues Verhandlungsangebot Washingtons dem Iran eine eingeschränkte Urananreicherung (bis 3.65 Prozent) gestatten könnte.

Diese sei der „Schlüssel zum iranischen Nuklearprogramm“, hatte Ayatollah Ali Khamenei, die letzte geistliche und politische Instanz im Iran, daraufhin klargestellt. Der amerikanische Vorschlag, auf Anreicherung gänzlich zu verzichten, widerspreche daher „dem Glauben unserer Nation an die Eigenständigkeit sowie dem Grundsatz „Wir können“, einem der Leitsätze der iranischen Staatsführung.

Sollten Trump und Khamenei auf ihren „roten Linien“ bestehen, scheint auch eine militärische Konfrontation zwischen den USA und Iran unausweichlich. Israel würde sich dann vermutlich an den Militärschlägen beteiligen. Als Vermittler in höchster Not hatte Trump in der letzten Woche seinen russischen Amtskollegen Putin ins Spiel.

Der Kreml-Chef, mit dem sich die Teheraner Mullahs verbündet haben, könnte „dabei helfen, die Angelegenheit zu einem schnellen Abschluss zu bringen“, sagte Trump nach einem Telefonat mit Putin – und fügte hinzu: „Wir brauchen in kürzester Zeit eine endgültige Antwort (aus Teheran)“.

Dass die Zeit drängt, zeigt auch die gestern verabschiedete Resolution der internationale Atomenergiebehörde (IAEA). Der Lenkungsausschuss der Wiener Behörde stellte darin fest, dass Teheran gegen seine Verpflichtung verstossen habe, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte vor diesem Hintergrund festgehalten, dass seine Behörde gegenwärtig keine Garantien abgeben könne, dass das iranische Atomprogramm ausschliesslich friedlichen Zwecken diene. Ein möglicher israelischer Angriff auf die „extrem geschützten iranischen Nuklearanlagen“, sagte Grossi dem israelischen Sender i24news, brauche „sehr, sehr zerstörerische Kraft – und könnte leicht nach hinten losgehen“.